Am Sonntag, den 28. Mai 1865, wurde es musikalisch im Freisbacher Gemeindewald: Der Gesangsverein Freisbach hatte gemeinsam mit dem befreundeten Chor aus Böbingen zu einem Sängerfest eingeladen. Bei frühsommerlichem Wetter und guter Laune strömten zahlreiche Besucher aus der Umgebung in den festlich geschmückten Wald.
Was als friedliche Veranstaltung begann, geriet am Abend aus dem Takt. Auslöser war ein verbaler Streit, bei dem ein junger Gast aus Weingarten den Böbinger Dirigenten kritisierte – eine Bemerkung, die von einigen Sängerfreunden nicht unbeantwortet blieb. Schon kurze Zeit später entlud sich die Spannung in einer körperlichen Auseinandersetzung.
Als sich die Böbinger Sänger gegen 19 Uhr auf den Heimweg machten, kam es zu einem Zwischenruf in Richtung des unbeteiligten Heinrich Kaufmann aus Weingarten. Es folgte eine Rangelei, die zunehmend eskalierte.
Inmitten des Tumults griff der Freisbacher Dienstknecht Jacob Peter Schwan ein – zunächst mit einer Ohrfeige gegen einen Beteiligten. Kurz darauf kam es zu einem folgenschweren Angriff: Michael Renner, ein zufällig anwesender Anwohner, versuchte, die Situation zu beruhigen – und wurde dabei mit einem Messer schwer verletzt.
Die Wunde, die Schwan ihm mit einem Messer am linken Arm zufügte, führte zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Eine abgebrochene Messerspitze blieb im Gelenk stecken, die Heilung dauerte viele Monate. Renner behielt eine dauerhafte Einschränkung seines Arms zurück.
Gerichtliches Nachspiel
Die Tat blieb nicht folgenlos: Ein Jahr später stand Jacob Peter Schwan in Zweibrücken vor dem Pfälzischen Assisengericht. Aufgrund seines nachgewiesenen Alkoholkonsums zur Tatzeit galt er als nur vermindert schuldfähig – dennoch wurde er zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
Ein Stück Dorfgeschichte mit Schatten
Auch wenn das Sängerfest von 1865 heute weit zurückliegt, erinnert dieser Vorfall an die mitunter turbulente Geschichte unserer Gemeinde. Was in geselligen Momenten geschieht, ist manchmal ein Spiegel der Zeit – mit allen Höhen und Tiefen. Heute steht das Freisbacher Sängerfest für Begegnung und Freude – damals schrieb es ein dramatisches Kapitel Dorfchronik.
Im Original aus der Rheinpfalz vom 26.05.2025 von Ludwig Hans