kurfürstliches Förster- und Jägerhaus

Das Freisbacher Jäger- und Försterhaus ist vollständig erhalten (und wurde 1982 – 1993 restauriert). Die Baurechte ließ Friedrich II. evtl. erst hinterher klären, wie beim Schloss in Bellheim. Die Jagd war sein Hoheitsrecht, dazu gehörte seiner Meinung nach auch der Bau von Jagdschlössern und Forsthäusern. Mit dem neuen (seit 1546) Herren des Freisbacher Zehnthofs, dem Bischof von Speyer, wurde er vielleicht dahingehend einig, dass der dem Kurfürsten den Platz für den Neubau des Jäger- u. Försterhauses überließ und diesen Teil abmarktete. Darauf könnte ein Grenzstein mit dem Speyerer Kreuz hinweisen, der zwischen der zerfallenen und der „neuen“ Scheune neben der Waschbank eingemauert war. Laut manchen Historikern kann die Zuständigkeit des Bischofs nicht lange gedauert haben, weil die Kurpfalz vermutlich schon 1550 allen Weißenburger Besitz übernommen hatte.

Der Hof Hintergasse 11 hat seitdem viele Abtretungen, Teilungen und Neuerwerbungen erfahren. Die älteste Einteilung könnte die zwischen Plan Nr. 96 und Plan Nr. 97. Sie durchschneidet den Brunnen mittig, so dass beide Seiten Anteil an der Brunnennutzung hatten.

Errichtet wurde das Haus durch Hans von Altdorf. Sein Wappen ziert den obersten Stützbalken in der Frontseite des Hauses (aus dem Wappenknauf wurde vermutlich das spätere Dorfwappen von Freisbach, die „Glocke“). Die Altdorfer waren ehemals Untersassen des Weißenburger Abtes, dann des Bischofs von Speyer und jetzt Untersassen des Kurfürsten von Heidelberg.

Hans von Altdorf hatte sich durch den aufwändigen Bau des Hauses nicht übernommen, den zahlte ja der Kurfürst und verwaltungstechnisch geschah dies über die „Pflege Eußerthal“ (schon mindestens 1280 gingen der große und der kleine Zehnt über diese Finanzverwaltungsstelle). Aber Hans von Altdorf musste schon 1558 – im Konsens mit seinem jetzigen oberen Lehensherrn Jakob von Zweibrücken/Bitsch/Lichtenberg – sein Erblehen in Altdorf (vor allem das Wasserschloss) an den pfälzischen Vogt zu Germersheim Heinrich Riedesel aus Bellersheim für 6080 Gulden verkaufen, weil er – wie er selbst berichtet – „in stehender Ehe von 12 Kindern überfallen wurde, die ihm die Haare vom Kopf fraßen“.

Im Auftrag des katholischen Kurfürsten Friedrich II. bestellt und gerichtet, hat das Freisbacher Haus im EG und im OG im südwestlichen Ständerbalken je eine Madonnennische, die im Privatgemach im OG nicht so elegant wie die mit spätgotischem Eselsrücken im Forstbüro des EG.

Aufgerichtet wurde das Haus aber erst 1557 unter Ottheinrich. Der führte mit Regierungsantritt am 26.02.1556 die lutherische Kirchenordnung ein. Ab dem 10.11.1556 musste jeder kurpfälzische Untertan Protestant sein. Die Bischöflichen- und Klostergüter wurden rigoros eingezogen und durch die Pflege Eußerthal verwaltet. Die Madonnen-Nische im Dienstzimmer musste ungenutzt zugemauert werden (bei der Herausnahme der Steine fanden wir keinerlei Farb- oder Nutzungsspuren). Die Nische im privaten Obergeschoss war mit – indessen weithin herausgekratztem – blauen Himmel innen bemalt, also genutzt. „Offiziell sind wir jetzt lutherisch, privat könnt ihr ruhig katholisch bleiben“, soll Ottheinrich zu seinem Altdorfer Untersassen Hans, mit dem er offenbar ein sehr vertrautes Verhältnis hatte, gesagt haben. Nur 2 Jahre dauerte diese geduldete Ökumene. 1559 starb Ottheinrich kinderlos – nachdem er in der kurzen Regierungszeit mit dem Ottheinrichsbau in Heidelberg das schönste deutsche Renaissance-Schloss hatte erbauen lassen.

Ein witziger Berührungspunkt zwischen Ottheinrich und den heutigen Besitzern des Freisbacher Anwesens sei am Rande erwähnt: Bevor Ottheinrich die Regierung in Heidelberg antrat, vergrößerte er noch den Buchbestand seiner geliebten Palatina, u.a. durch altsyrische und althebräische Handschriften, die er dem Gelehrten und Weltreisenden Guilleaume Postel abkaufte.

Der Neffe aus Simmern, Friedrich III., der Ottheinrich auf dem Kurfürstenstuhl folgte, war strenger Kalvinist. Alles Bildwerk, das auch nur entfernt katholisch „roch“, wurde in den Kirchen überpinselt. So haben dank dieses Bildersturms (insbesondere ab 15.05.1565) viele wertvolle Bilder in pfälzischen Kirchen schadlos überlebt, bis sie bei Auflösung von Simultaneen oder manche erst in unseren Tagen von der kalvinischen Kalkschicht befreit wurden. Der Förster musste nun aus seiner privaten Madonnen-Nische im OG die Madonna auch entfernen, den blauen Himmel abkratzen und die Nische zumauern. Noch hatte der Förster Nothelfer: Unter dem Südwest-Stützbalken einen Hundezahn und einen Hühnerknochen, außen an der Südwestecke eine Abwehrschlange, an der Westseite der Straßenfront außer Symbolen für Leben und Tod (Sanduhr und Doppelschlange) auch Abwehrzeichen: Glücksräder, Kleeblätter, Herzen und die uralten Verwirrfelder aus vielen Punkten, in denen sich die bösen Geister verlaufen und so den Zugang zum Haus nicht finden sollten.

Der Förster verließ sich lieber auf alte vorchristliche Geistervertreibungen. Hinter seinem Sitzplatz nagelte er jeden Hufnagel, den er fand, in lockerer Reihenfolge als Schutzgürtel in den Balken, genau dort, wo aus dem Weißenburger Eck alle Unwetter zu erwarten waren, die – auch nach heute noch geltender Meinung, dann besonders gefährlich wurden, wenn sie sich am Rhein stießen und von dort wieder zurückkamen. Aber dagegen hatte das Haus ja seine zweite Abwehrschlange an der Südostecke.

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